Brief 235 - Die Schöpferkraft verurteilt nie

Erfüllt von den Eindrücken der Tour auf dem Schweizer Jakobsweg möchte ich nochmals auf jene Liebe zurückkommen, welcher Erich Frieds Gedicht „Was es ist“ gewidmet war.

Heute möchte ich diese Liebe im Kontext des Segens betrachten, von dem die Briefe im Wonnemonat Mai handelten. Mir geht es dabei um den Segen der Schöpferkraft, welcher mit bedingungsloser Liebe einhergeht.

 

Wie aber lässt sich diese Liebe für uns so begreifbar machen, dass wir sie wirklich verinnerlichen können?

Hier kann uns der Vergleich mit einer guten Mutter hilfreich sein.

Sie kann nicht anders, als ihr Kind lieb haben - einfach, weil es existiert.

 

Genauso ist es, wenn wir von Gott oder der Schöpferkraft sprechen.

Sie liebt uns - einfach, weil wir sind. Sie hat uns hervorgebracht, und es ist unmöglich, dass sie uns verlässt. Sie handelt mütterlich an uns.

 

Ein patriarchalisches Gottesbild würde Botschaften hervorbringen wie: „Das war die Ordnung! Du hast sie übertreten, und es wäre angebracht, wenn ich Dich durch Strafe zurückführe zu dem, was Anstand und Gebote Dir hätten sagen müssen!“

So wird die gute Mutter nicht handeln. Sie wird sich interessieren für die Gründe, die in ihrem eigenen Kind vor sich gingen: Warum war es traurig, aufsäßig, was hat ihm gefehlt? Was sind seine wirklichen Bedürfnisse, welche Ängste treiben es? Warum lügt es, warum stiehlt es, warum entfremdet es sich von dem, was eigentlich unsere gemeinsame Zielsetzung sein könnte?

 

Gott ist eine mütterliche Macht im Hintergrund unserer Existenz.

 

Sie verurteilt nie.

Sie ist Vergebung, Güte und Gnade.

Sie ist Segen.

 

Tun wir es ihr gleich!