Brief 271 - Bleib Dir selbst treu!

Zum Auftakt dieses Jahres hatte ich Dich ein wenig mit der Gedankenwelt des großen und doch wenig beachteten Philosophen Giordano Bruno vertraut gemacht. Heute möchte ich diesen Exkurs mit einem letzen Aspekt abschließen, der so tragisch wie aktuell ist.

Es ist sein Mut, sich selbst eine Meinung zu bilden und zu dieser zu stehen, sich selbst treu zu bleiben.

 

Giordano Bruno ließ sich weder durch seinen Ausschluss aus dem Dominikanerorden noch in achtjähriger Kerkerhaft von seiner Überzeugung abbringen.

Am 17. Februar des Jahres 1600 wird er von der Inquisition unter dem Vorwurf der Ketzerei für schuldig gesprochen und auf dem Campo de’ Fiori in Rom bei lebendigem Leibe auf dem Scheiterhaufen hingerichtet. Gleichzeitig werden seine Schriften verboten und auf den Stufen vor dem Petersplatz öffentlich verbrannt.

 

Aus Giordano Brunos Vermächtnis an die Menschheit:

 

Wenn also Geist, Seele, Leben sich in allen Dingen vorfindet und in gewissen Abstufungen die ganze Materie erfüllt, so ist der Geist offenbar die wahre Wirklichkeit und die wahre Form aller Dinge…

 

Auch der 32 Jahre nach Brunos Tod in Amsterdam als Sohn sephardischer Immigranten aus Portugal geborene Baruch de Spinoza wurde wegen seiner Überzeugungen aus der jüdischen Gemeinde verbannt. Er war damals gerade 23 Jahre alt. Im Gegensatz zu Bruno gelang es der Kirche aber nicht, ihm die Veröffentlichung seiner Thesen zu verbieten. So wurde Spinoza zu einem der einflussreichsten Philosophen des 17. Jahrhunderts.

 

Ich möchte diesen Brief mit einem seiner Gedanken abschließen.

Möge er Dich ermutigen, Dir eine eigene Meinung zu bilden, dazu zu stehen und Dir selbst treu zu bleiben.

 

Was ist Vernunft? Der Wahnsinn aller.

Was ist Wahnsinn? Die Vernunft des Einzelnen.

Was nennt ihr Wahrheit? Die Täuschung, die Jahrhunderte alt geworden ist.

Was nennt ihr Täuschung? Die Wahrheit, die nur eine Minute gelebt hat.