War Deine letzte Woche auch von Hoffen und Bangen durchzogen? Zumindest im Hinblick auf den Ausgang der Wahlen in den Vereinigten Staaten. Als ich vom Ergebnis der Auszählung in Pennsylvania hörte, war ich jedenfalls sehr erleichtert.
Die letzten Jahre habe ich mir manchmal den Moment vorgestellt, an dem Donald Trump abgewählt wird. In meiner Vorstellung setzten Freudentänze und Jubelschreie ein. Aber jetzt, wo es tatsächlich soweit war, da war einfach nur Erleichterung zu spüren.
Das hat mich überrascht und zum Nachdenken angeregt.
Ob die Freude und der Jubel wegen der ganzen Begleitumstände, die ja noch gar nicht ausgestanden sind, nicht aufkommen wollten? Oder hat das Zitat des Dalai Lama aus dem letzten Brief bereits im Vorweg für die darin beschriebene Entlastung und Gelassenheit gesorgt?
An beidem ist wohl was dran. Aber sie sind noch nicht die ganze Erkenntnis. Die lag - wie so oft - tiefer und brauchte etwas Zeit, bis sie sich offenbarte.
Es war ein unspektakulärer Moment, der mir im milden Herbstlicht des Wochenendes die Augen öffnete: Als meine Gedanken zur Ruhe kamen und ich ganz bei mir war. Ich war einfach da und spürte - ganz subtil - Freude und tiefen Frieden.
Da war er, der entscheidende Rest der Antwort! Die Meldung vom Ausgang der Wahlen hat mich - so begrüßenswert ich sie auch fand - nicht in meiner Tiefe berührt. So bedeutsam sie auch war - sie handelte „nur“ von den äußeren Umständen meines Lebens. Mit meinem Leben hatte sie offenbar weniger zu tun als mein zur Ruhe kommen und das sanfte Herbstlicht des Wochenendes.
Der buddhistische Mönch und Molekularbiologe Matthieu Ricard sagt:
Die Hauptursache des Glücks findet sich in unserem Geist; die äußeren Umstände stellen dagegen nur förderliche oder widrige Bedingungen dar.
Dein Geist entscheidet über Dein Glücklichsein! Die Umstände können förderlich oder widrig sein. Aber sie sind nicht Dein LEBEN, sondern Deine LebensBEDINGUNGEN. Schön, wenn Du sie gutheißen kannst, so wie im Falle des Wahlausgangs. Aber das sorgt eben nicht automatisch für Jubelschreie und Freudentänze.
Schade? Keineswegs! Denn es gibt ja auch den umgekehrten Fall, und das leider nicht allzu selten: Die widrigen Lebensbedingungen, die täglichen schlechten Nachrichten. In diesem Fall ist es hilfreich, dass sie unsere Emotionen nicht zwangsläufig mit ihrer ganzen Dynamik überfluten.
Die Fähigkeit, sich vor solcher äußerer Reizüberflutung zu schützen, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausgeprägt. Sicher erinnerst auch Du Dich an Situationen, in denen Du Dich der Dynamik äußerer Umstände kaum entziehen konntest. (Stichwort nine-eleven).
Dann ist es wichtig, sich selbst zu beruhigen, von der Lebenssituation zum eigenen Leben wechseln zu können. Das wohl hilfreichste Mittel hierzu ist, im gegenwärtigen Moment, dem "Hier und Jetzt“, zu bleiben. Am einfachsten gelingt das, wenn Du einfach zum Beobachter Deines Atems wirst.
Denn in Deinem Geist findest Du nicht nur die Freude und das Glück, sondern auch die Beruhigung und Entspannung.
Das ist Deine Wirklichkeit!
Matthieu Ricard sagt an anderer Stelle:
Wir leben in einer Welt der Wahrnehmung, die wir mit der Wirklichkeit verwechseln.
Wie schön, dass Deine Wirklichkeit in ihrer Tiefe durch äußere Umstände nicht bedroht werden kann. Davon zeugen am deutlichsten die Geschichten derjenigen Menschen, die selbst unter den widrigsten Bedingungen den Kontakt mit ihrer Wirklichkeit nicht verloren haben. Die Sophie Scholls, Anne Franks und Dietrich Bonhoeffers dieser Welt.