Brief 49 - Selbstliebe und Mitgefühl

Der letzte Brief hat für mehr Rückmeldungen als üblich gesorgt. Das Thema Selbstliebe scheint viele in besonderer Weise berührt zu haben. Wie gut! 😊

 

Das Etablieren einer gesunden Selbstliebe ist oft eine Lebensaufgabe - das gilt auch für mich. Denn auch in meiner Biografie gab es Erfahrungen, die sich als Gefühl, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen liebenswert zu sein, tief ins Unterbewusstsein eingegraben haben. Liebe erforderte oft Leistung und bestimmtes Verhalten; es gab sie - zumindest gefühlt - nicht bedingungslos. Hinzu kam eine Gesellschaft, die Selbstliebe gerne als Narzissmus missverstand und die Aufopferung für andere vorzugsweise als heldenhafte Tugend darstellte.

Das geschah nicht in böser Absicht. Viel mehr war es wohl auch bei meinen Bezugspersonen eine Melange aus begrenzten Ressourcen sowie eigenen Erfahrungen und verinnerlichten Glaubens- und Merksätzen.

Heute weiß ich, dass es ganz vielen von uns ähnlich ergangen ist. Und dass diese Erfahrungen, je nach Intensität, zu Verhaltensweisen in unserem Leben führten, die ein weites Spektrum von mangelnder Selbstliebe oder Liebesfähigkeit bis hin zu tiefsten Minderwertigkeitsgefühlen und Ängsten abdecken.

 

Jeder Abschnitt des Textes der letzten Woche beginnt mit den Worten „Als ich mich selbst zu lieben begann…“. Ein Appell und ein Hinweis zugleich: Selbstliebe ist die Bedingung für Vertrauen, Respekt, Liebe und Mitgefühl in Deinem Leben.

 

Der Amerikanische Autor und praktizierende Buddhist Jack Kornfield (1945 geboren) drückt es so aus:

 

Das wahre Mitgefühl besteht darin, uns selbst zu lieben, unsere Bedürfnisse, Grenzen und wahren Fähigkeiten zu respektieren.

 

Das nenne ich bedingungslose Liebe! Sie respektiert sowohl meine Bedürfnisse als auch meine Grenzen und impliziert meine wahren Fähigkeiten.

 

In einem anderen Text ergänzt er:

 

Das Mitgefühl mit uns selbst schenkt uns das Vermögen, die Verurteilung in Vergebung zu verwandeln, den Hass in Freundschaft und die Furcht in Respekt vor allen Lebewesen.

 

Durch Mitgefühl und Selbstliebe bringst Du die Liebe in die Welt, die sie so dringend braucht!

Jack Kornfield hat uns dazu auch eine wunderbare Übung geschenkt, die ich Dir abschließend ans Herz legen möchte:

 

Beginne innerlich die folgenden Sätze, die Du an Dich selbst richtest, zu rezitieren. Denn ohne Liebe zu sich selbst kann man andere nicht lieben:

Möge ich von Güte erfüllt sein.

Möge ich gesund sein.

Möge ich friedlich und entspannt sein.

Möge ich glücklich sein.